Woche des Hörens: Hörvorsorge dient Demenzprävention
Hörgeräte senken das Risiko, in den folgenden drei Jahren nach der Versorgung an Demenz, Depression oder Angst zu erkranken und sturzbedingte Verletzungen zu erleiden, das ist das Ergebnis einer neuen Studie an der Universität Michigan. Die Woche des Hörens der Fördergemeinschaft Gutes Hören vom 23. bis 28. September will auf die Bedeutung guten Hörens aufmerksam machen.
„Wie gut höre ich eigentlich?“ – diese Frage kann man selbst nur schwer beantworten. Der Grund: Ein Hörverlust kommt meistens schleichend und Gewöhnungseffekte tragen dazu bei, dass der eigene Hörstatus oft nicht richtig erkannt wird. Solche Gewöhnungseffekte betreffen zum Beispiel Alltagsgeräusche wie das Brummen des Kühlschranks oder das Rauschen der Geschirrspülmaschine. Wir gewöhnen uns daran und nehmen es kaum noch wahr. Als Maßstab für das eigene Hören sind sie deshalb nicht geeignet. Hier hilft nur ein professioneller Hörtest weiter, wie ihn die selbstständigen Hörakustikermeister und Hörakustikermeisterinnen in ihren Fachgeschäften anbieten.
Hörtest gibt Auskunft
Die im Test ermittelte Hörkurve zeigt eindeutig, wie es um das Hörvermögen bestellt ist. Liegt eine Hörminderung vor, sollte sie nach ärztlicher Abklärung mit einem Hörsystem versorgt werden, darin sind sich Ärzte, die Weltgesundheitsorganisation und Wissenschaftler mittlerweile einig.
Einen wichtigen Grund erklärt die eingangs erwähnte Studie aus Michigan.
Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler Daten von über 115.000 US-Amerikanern im Alter von über 65 Jahren aus den Jahren 2008 bis 2016, bei denen ein Hörverlust diagnostiziert wurde. Dabei verglichen sie die Daten ein Jahr vor der Diagnose und drei Jahre danach. Das Ergebnis zeigte einen wesentlichen Unterschied zwischen denjenigen Patienten, die ihren Hörverlust mit einem Hörsystem versorgen ließen und denjenigen, die sich dagegen entschieden. Bei den mit Hörsystemen versorgten Patienten war demnach das Risiko, innerhalb von drei Jahren an Demenz und Alzheimer zu erkranken, um 18 Prozent niedriger. Auch das Risiko für Depressionen oder Angstzuständen war für die Hörgeräteträger um 11 Prozent vermindert. Bei sturzbedingten Verletzungen minimierte sich das Risiko um 13 Prozent.
Studien bekräftigen präventive Wirkung
Die präventive Wirkung für Hörsystemen und die Chance auf ein längeres selbstbestimmtes Leben hatten bereits frühere Studien aufgezeigt. Eine Langzeitstudie zu Hörverlust und Demenz an der Universität Bordeaux hatte zum Beispiel ergeben, dass das Risiko von Personen mit Hörverlust und Normalhörenden gleich hoch ist, an Demenz zu erkranken, wenn der Hörverlust mit Hörsystemen versorgt wird. Wird ein Hörverlust dagegen nicht mit Hörsystemen versorgt, nimmt die geistige Leistungsfähigkeit signifikant ab und ist geringer als bei Normalhörenden im gleichen Alter.
Einen Nachweis, dass eine behandelte Schwerhörigkeit den Abbau kognitiver Fähigkeiten nicht nur stoppen, sondern sogar verbessern kann, erbrachte unter anderem eine Studie der französischen Wissenschaftlerin Isabelle Mosnier, Paris. Sie untersuchte über einen Zeitraum von 12 Monaten Patienten im Alter von 65 bis 85 Jahren, die ein Cochlea Implantat erhalten hatten. Nach einer Hör- und Sprachtherapie zeigten diese nicht nur ein besseres Sprachverstehen in ruhiger und lauter Umgebung, sie neigten auch seltener zu Depression und konnten ihre Denk- und Merkfähigkeit erheblich verbessern.
Professor Frank Lin von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hatte bereits 2013 in einer Studie einen Zusammenhang zwischen Hörverlust und abnehmender geistiger Leistungsfähigkeit hergestellt. Lin und Kollegen hatten 2.000 Personen mit einem Durchschnittsalter von 77 Jahren über einen Zeitraum von sechs Jahren begleitet. Diejenigen, die bereits zu Studienbeginn Schwierigkeiten hatten, aufgrund ihres Hörverlusts einem Gespräch zu folgen, zeigten ein 24 Prozent erhöhtes Risiko für kognitive Einbußen. Zudem schien die Schwerhörigkeit den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit zu beschleunigen.